In Vorbereitung weiterer Zuweisungen an Geflüchteten besichtigte Sinan Sert die Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Lidl-Gebäude. Der Wetteraukreis hat die Liegenschaft an der Frankfurter Straße angemietet und als Unterkunft für rund 80 Personen angedacht. Damit entfernt man sich vom Konzept der dezentralen Unterbringung.
„Aktuell sind die Zahlen moderat, für das dritte Quartal sollen sie fast bei Null liegen“ verweist der Fraktionsvorsitzende auf Informationen des Kreises. Das sei „im Vorfeld von Landtagswahlen nicht verwunderlich“, erkennt Sert darin ein wahltaktisches Manöver. Er rechne damit, dass nach den Wahlen die Zuweisungen steigen werden.
Der Sozialdemokrat schätzt, dass die Zuweisungen an Geflüchteten in 2024 einen kritischen Punkt erreichen könnten. Man stehe mit der Rathausspitze in Kontakt. Der zuständige Fachbereich habe seine Kompetenz im Umgang mit ähnlichen Situationen bereits mehrfach bewiesen. Insofern bestehe Anlass zur Zuversicht.
In der Besichtigung stellt Sert fest, dass in der Gemeinschaftsunterkunft „Menschen zu viert dicht auf dicht in mit Baugittern und einfacher Plastikfolie abgetrennte Zellen leben müssen. Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten fehlen. Jeder hört alles vom anderem, über alle Zellen hinweg.“. Das könne mittelfristig problematisch werden, fordert Sert „eine entsprechend professionelle Begleitung vor Ort“. „Security und Aufsicht allein reichen nicht aus“, weiß der Sozialdemokrat. Seiner Ansicht nach werde die Stadt ohne finanzielle Unterstützung durch Bund und Land die Aufgabe einer menschenwürdigen Unterbringung und Betreuung Geflüchteter kaum bewältigen können. Man müsse so schnell wie möglich zur dezentralen Unterbringung zurückfinden, damit „die Integration erfolgreich anlaufen kann“.
Ob der Asyl-Kompromiss irgendwann positive Effekte zeigen wird, könne noch nicht abgesehen werden. Die Eindämmung der Zuwanderung zu Lasten von Menschenrechten oder Menschenleben dürfe nicht hingenommen werden. Zugleich habe ebenso weiterhin höchste Priorität, die Kommunen und die Menschen nicht übermäßig zu beanspruchen. Denn anders als 2015/2016 sei die Atmosphäre in der Gesellschaft angespannt. Skepsis bis Ablehnung in der Bevölkerung sei deutlich zu spüren, „refugee welcome“ Schilder kaum zu sehen. Die politische Landschaft habe sich verändert.
“Deswegen muss darauf geachtet werden, Rechtspopulisten keine Plattform zu bieten.“ plädiert Sert für einen sachlichen und besonnenen Umgang mit dem Thema.