SPD Bad Nauheim besucht Wohnprojekt Domino e.G. und INGEWO in Gießen

In einer die Gemeinschaft fördernden Wohnungspolitik liegt die Chance, das Zusammenleben der Generationen zu fördern, Stabilität und Zusammenhalt in unserer Stadt im Stadtteil oder Quartier zu stärken und zukunftsfähig zu gestalten. Gemeinschaftliches Wohnen in bezahlbarem und sozialem Wohnraum zu ermöglichen, gehört daher zu den zentralen Anliegen der SPD in Bad Nauheim.

In Bad Nauheim fehlen Flächen für Neubaugebiete und bezahlbare Wohnungen in attraktiver Lage. Die Zeit mit vorrangiger Ausrichtung auf den Bau von Einfamilienhäusern muss enden. Eine städtebauliche Entwicklung, an der vor allen Investoren profitieren, ebenfalls.

Der Stadtverordnete und Ausschussvorsitzende Steffen Hensel stellt darüber hinaus fest: „Die Vereinzelung nimmt auch in Bad Nauheim zu und unterstützt Vereinsamung und soziale Frustration. Um der Einsamkeit im Alter nachhaltig entgegen zu treten, reichen die vielfältigen Seniorenveranstaltungen nicht aus. Um den zunehmenden Vandalismus einzugrenzen braucht es mehr als zusätzliche Hilfspolizisten. Es braucht neue Formen und Möglichkeiten für das Zusammenleben in Quartieren und Stadtteilen.“ Weil dies eine Zukunftsherausforderung ist, hat sich eine Arbeitsgruppe der Bad Nauheimer SPD auf den Weg gemacht und in Gießen Vertreter der Wohnprojekte DOMINO gemeinschaftlich wohnen und leben e.G. (www.domino-giessen.de) und dem Projekt INGEWO e.V. besucht. Domino funktioniert bereits seit 10 Jahren. Die gemachten Erfahrungen können bei der Orientierung helfen, Impulse geben, Vorurteile hinterfragen und Machbares aufzeigen.

Für die Domino e.G. stellten Frau Brita Ratzel und Herr Martin Bach ihr Wohnprojekt mit der Einschränkung vor, dass der Erfolg von gemeinschaftlichen Wohnprojekten gleichermaßen von den Rahmenbedingungen wie dem Engagement der handelten Personen abhängt und entsprechend unterschiedlich ist. Wie Herr Bach ausführte, ist es für das Zusammenleben entscheidend, dass „jeder seine Kompetenzen einbringt und so das Konzept trägt und den Anderen unterstützt. Ziel ist ein Miteinander über eine gut gelebte Nachbarschaft hinaus.“ Voraussetzung dafür war es allerdings, dass die Stadt Gießen 2009 gemeinschaftliches Wohnen im Bebauungsplan der ehemaligen US Wohnsiedlung ermöglichte. Im Gebäude der Domino leben aktuell auf 1500 qm Wohnfläche, 26 Personen im Alter von 8 – 70 Jahre in 14 Wohnungen und Gemeinschaftsräumen. Auf den Kaufpreis, den Zeitfaktor der Umsetzung und die Rechtsform ist es zurückzuführen, dass die momentane Kaltmiete unter 6,00 Euro/qm liegt.

Bei Domino gehören das Haus wie die eigene Wohnung allen Bewohnern gemeinschaftlich. Durch die genossenschaftliche Rechtsform ergibt sich die Selbstverwaltung, mit gleichem Stimmrecht in der Entscheidungsfindung – nach Möglichkeit im Konsens. Regelmäßige Treffen der Gemeinschaft strukturieren das Zusammenleben. Spontane Aktivitäten wie gemeinsames Frühstück/Essen an bestimmten Tagen oder auch andere Treffen finden in den Gruppenräumen unterm Dach statt. Der gemeinsame Werkstattraum im Keller sowie der gemeinsame Domino (Nutz)-Garten steht auch Bewohner*innen anderer Projekte offen. Diese Treffen und Aktivitäten verändern und bereichern das Zusammenleben mittels Vernetzung im Stadtteil.  2018 wurde dies durch den Umweltpreis der Stadt Gießen gewürdigt. Jüngstes Beispiel für die stetige Entwicklung ist die Installation einer Fotovoltaikanlage mit Stromspeicher, die die Effizienz und Nachhaltigkeit des Gebäudes der Domino erhöht.

Von besonderem Interesse der Besuchergruppe war, wie derartige gemeinschaftliche Wohnprojekte auch in Bad Nauheim möglich gemacht werden können.  Es wurde deutlich, dass dies nur dann möglich ist, wenn die Stadtpolitik ausreichende Rahmenbedingungen schafft und hilft, Menschen zusammenzuführen, die nach gemeinschaftlichen Wohnmöglichkeiten suchen und bereit für Veränderungen sind.

 

Der Verein INGEWO e.V. ist ein neues Projekt für gemeinschaftliches Wohnen. Die Erfahrungen von Domino fließen in die Planungen im Neubaugebiet nebenan ein. Wie Frau Claudia Giese und Herr Dieter Kropp ausführten, wird bei der Entwicklung des Baugeländes der Verein in Verbindung mit drei weiteren entstehenden gemeinschaftlichen Projekten tätig. Die Planung umfasst die Lage von vier Häusern ebenso wie ein Mobilitäts- und Nachbarschaftskonzept im Quartier. Die Stadt Gießen unterstützt dies mit einem verringerten Kaufpreis des Baulandes auf einer Fläche von 5.300 qm. Die Vergabe erfolgt über ein Bewerbungsverfahren. Die Stadt Gießen betrat damit Neuland. Für die Koordination wurde eine Projektgruppe gebildet. Hier wirken verschiedene Ämter zusammen und stellen bei den Planungsschritten den Austausch sicher. Durch die enorm gestiegenen Baupreise und Zinserhöhungen ist die Umsetzung in der geplanten Form aktuell jedoch gefährdet. Die Stadt Gießen hat die Frist daher zunächst bis November 2023 verlängert.

 

Nach anregender Diskussion und Austausch hatte die Besuchergruppe die Gelegenheit, sich die Gemeinschaftsräume und Außengelände von Domino und das vorgesehene Baugelände von INGEWO anzuschauen.

Dass gemeinschaftliche Wohnen ein Zukunftsthema ist, belegen Förderungsprogramme im hessischen Koalitionsvertrag oder die diesbezügliche Themenwoche „WIR“ in der ARD. „Nicht jeder möchte gemeinschaftlich wohnen. Diejenigen, die hierfür einen Weg suchen, sollten aber auch in Bad Nauheim ihre Chancen bekommen. Ich warte auf Initiativen aus der Stadtpolitik, um entsprechenden Rahmenbedingungen in Bad Nauheim zu schaffen.“ resümiert der Organisator der Fahrt, Thomas Ritschel. Bei der Realisierung von Projekten kann dann auf die Unterstützung von überregionalen Verbänden und Initiativen, wie dem Netzwerk Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen zurückgegriffen werden (www.gemeinschaftliches-wohnen.de).