Jahresrückblick der Fraktion

Vielversprechender Start

Trotz der Verluste bei der Kommunalwahl startete die neue Fraktion vielversprechend und motiviert in die neue Legislaturperiode.

Unser Wahlprogramm spiegelt sich im Koalitionsvertrag deutlich wider. In der Koalition arbeiten wir auf Augenhöhe, unsere Themen erhalten den nötigen Raum. Die Vorsitze der Ausschüsse „Soziales, Jugend und Senioren“ sowie „Sport und Kultur“ sind uns zugeordnet.

Insgesamt haben wir mit der Koalition bisher über 20 Anträge ein- und auch durchgebracht. In alle flossen unsere Standpunkte ein. Sieben Anträge und etliche Anfragen gehen direkt auf unsere Initiative zurück.

Besonders in Sachen Bezahlbare Mieten, Nachhaltigkeit und Stadtentwicklung sind wir aktiv. Auf die „Zukunftswerkstatt“, die wir platzieren konnten, sind wir sehr gespannt.

Haushalt 2022

Dass die Pandemie unseren Haushalt belastet und die Auswirkungen für die nächste Zeit nicht abschätzbar sind, haben wir bei unseren Vorschlägen gewissenhaft berücksichtigt und Prioritäten gesetzt. Denn letztlich sitzt uns die Pandemie ja doch noch im Nacken.

Doch ein Sparen um jeden Preis, ein rigoroses Streichen von freiwilligen Leistungen wäre aus unserer Sicht kontraproduktiv. Es sei darauf hinweisen, dass alle Partner der Kenia-Koalition den Gremien keine einzige freiwillige Leistung der Stadt im kulturellen oder sozialen Bereich zur Kürzung oder Streichung vorgeschlagen haben. Ganz im Gegenteil.

Bezahlbare Mieten

Was sehr erfreulich ist, dass wir nächstes Jahr mit dem Eingang der ersten Investorenabgabe rechnen dürfen. Von über einer halben Million Euro. Die Mittel werden sicherlich einen Teil dazu beitragen, die Wohnungskrise in Bad Nauheim ein Stück weit zu bearbeiten. Für eine echte Entschärfung der Situation muss allerdings noch einiges mehr geschehen. Deswegen fordern wir die Erhöhung.

Denn mittlerweile besteht die Gefahr, dass sich die Krise ausweitet. Nämlich auf das Feld des ehrenamtlichen Engagements und eventuell auch auf Einzelhandel und Gewerbe. Passende Räumlichkeiten zu finden wird in Bad Nauheim immer schwieriger. Steigende Mietpreise und Nebenkosten werden zunehmend zur Belastung. Es besteht die Gefahr, dass wir als Stadt langfristig ehrenamtliches oder soziales Engagement verlieren, weil es aufgegeben wird oder in andere Kommunen ausweicht. Hier müssen wir aufmerksamer werden.

Mobilitätswende

Als herausragender Beitrag der Koalition zum Haushalt 2022 sind die Mittel nennen, die in das Radwegenetz investiert werden sollen. Der zeitgemäße Ausbau von Radwegen muss vorangetrieben werden. Allerdings mit Bedacht und Sorgfalt. Wir legen Wert darauf, dass keine „unechten“ Alternativen übers Knie gebrochen werden. Denn auf dem Papier und in der Theorie kann etwas noch so ausgetüftelt sein. Wenn sie auf der Straße nicht sicherheitstechnisch optimal funktionieren, gibt’s nur Ärger. Und das darf nicht sein. Der ADFC sieht es ja offenbar auch so.

Wir möchten deswegen verschiedene Alternativen und Möglichkeiten vergleichen können, um vor allem eine sichere Alternative auswählen zu können. Der Magistrat hat den Auftrag dazu erhalten. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse und vor allem auf die Einschätzung der Radwegebeauftragten.
Gemeinsam haben wir in der Koalition die entsprechenden Mittel für ein gutes und sicheres Radwegenetz um 300 Tausend auf 450 Tausend Euro erhöht. Die Mittel sollen nicht nur in den Bau neuer Radwege fließen, sondern auch in die Sanierung bestehender Radwege, sowie für zusätzliches Personal für die Planung. Somit schaffen wir eine valide finanzielle Basis, um hier zügig voranzukommen.

Ebenso haben wir mit einem Begleitbeschluss festgelegt, dass sämtliche Kreisel an wichtigen Kreuzungen auf der Frankfurter Straße bzw. -Landstraße bis 2030 fertiggestellt werden. Ein wichtiger Beitrag zur Verkehrsberuhigung und einer Stadt ohne Stau.

Wir legen großen Wert darauf, auf die Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer zu achten. Nicht das Auto allein steht im Mittelpunkt. Aktuell wird ein neues Mobilitätskonzept für die Stadt entwickelt. Wir begleiten es kritisch.

Musikschule

Als Sozialdemokraten ist es für uns natürlich auch immer besonders wichtig, das soziale Miteinander und das kulturelle Leben in unserer Stadt im Auge zu behalten und zu fördern.

Hier ist die Erhöhung des laufenden Zuschusses an die Musikschule Bad Nauheim zu nennen. Jene soll dem Personal in der Musikschule, den Dozentinnen und Dozenten, die ohne Zweifel eine sehr gute Arbeit leisten, zu Gute kommen, und eine Aufstockung ihrer Honorare ermöglichen. Denn gute Arbeit verdient auch entsprechende Entlohnung. Perspektivisch wünschen wir uns eine Angleichung an den Branchentarif.

Aufsuchende Jugendarbeit

Als weiteren wichtigen Punkt haben wir uns Jugendlichen und jungen Erwachsenen gewidmet und setzten die Ausarbeitung eines Konzepts für außerschulische aufsuchende Jugendarbeit durch, welches bereits ab Sommer 2022 umgesetzt werden soll.

Besonders jetzt ist deutlich geworden, dass der Bedarf dafür vorhanden ist und keinen Aufschub duldet. Wir legen großen Wert darauf, dass inhaltlich und konzeptionell zwischen „aufsuchender Jugendarbeit“ und „Streetworking“ unterschieden wird. Letzteres ist nicht unser Ansinnen und würde auch ein falsches Licht auf die Jugendlichen werfen.

Jugendliche suchen sich ihre Treffpunkte selbst. Manchmal sind es lost-places, manchmal öffentliche Bereiche. Deswegen macht es Sinn, als Stadt den Kontakt vor Ort zu suchen, wenn Konflikte im Umfeld entstehen.

Demenzcafé

Wir haben erreicht, für das Demenzcafé einen kleinen aber dringend notwendigen Mietzuschuss zu gewähren, damit das Café überhaupt noch aufrechterhalten werden kann. Es handelt sich hierbei um ein Angebot, dass eine wichtige Stütze bietet, für Betroffene als auch für deren Angehörige.

Gleichermaßen fordern wir aber auch die Ausarbeitung eines neuen Konzepts in Zusammenarbeit mit beteiligten Organisationen und dem zuständigen Fachausschuss für die Fortführung des Cafés. Es geht um ein vielfältiges professionelles und ehrenamtliches Zukunftskonzept für die Unterstützung dieser erkrankten Menschen und die Beratung sowie Entlastung ihrer schwer belasteten Angehörigen.

Demografischer Wandel

Grundsätzlich sehen wir infolge des demografischen Wandels strukturbildende Anforderungen in der Daseinsfürsorge im Alter auf uns zukommen – und zwar zunehmend und kostenintensiv.

Schon heute stoßen wir in Bad Nauheim bei den Hilfen zur Teilhabe am Stadtleben, Versorgung und Pflege alter Menschen immer wieder an Grenzen des Machbaren. Vor diesem Hintergrund gewinnt die aktive Steuerung von Daseinsvorsorge für alte Menschen zunehmend an kommunalpolitischer Bedeutung.
Für die Haushaltsberatungen kommender Jahre könnte ein entsprechendes städtisches Monitoring sicherlich ein Thema werden.

Stadtentwicklung und Haushaltssicherung

Wir müssen uns trotz der aktuellen Haushaltssituation die Frage stellen, wie wir unsere Stadt perspektivisch auf die Zeit nach Corona bzw. die nächste Zeit mit Corona vorbereiten bzw. einstellen wollen.

Die Pandemie zwingt uns ja geradezu die Frage auf, wie wir uns verändern müssen, wie wir uns ausrichten müssen, um zum einen mit den Erfordernissen der Zeit mitzugehen. Was heißt, klimafreundlicher und nachhaltiger zu werden, um als Bad Nauheim weiterhin lebenswert und attraktiv zu bleiben. Insofern könnte in diesem Sinne die Pandemie sogar als eine Chance für die Stadtentwicklung betrachtet werden. Zum anderen müssen wir gleichzeitig krisenfester werden.

Wir als SPD Bad Nauheim sagen weiterhin ganz klar: Wir müssen investieren in Infrastruktur, Gesundheits- und Tourismusförderung – Stichwort Therme – in Klimaschutz und Nachhaltigkeit und in Wohnungsbau. Und dabei weiterhin das soziale und kulturelle Engagement in dieser Stadt unterstützen und fördern.

Unsere finanzielle Handlungsfähigkeit dürfen wir sicherlich nicht aus den Augen verlieren, aber sie darf eben nur ein Teil der Überlegungen sein. Wichtig ist, welche langfristige Perspektive wir einnehmen wollen. Sozusagen der Blick aus der praktischen Perspektive auf Bad Nauheim als „Post-Corona-Stadt“.
Allen pandemischen Widrigkeiten zum Trotz.