Stoll-Gelände: Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt

Axel Bertrand
Axel Bertrand

Direkt nach der Sommerpause werden wir mit einer neuen Auflage des Themas Stoll-Gelände konfrontiert. Ford-Kögler hat das Gelände mittlerweile geräumt und die zweite Offenlegung des Bebauungsplanes soll nun beschlossen werden. Kurz vorab zusammengefasst: Die konsequente Ignoranz des Bürgerwillens setzt sich, wie gehabt, fort. Allerdings scheint die Schar politischer Befürworter immer weiter zu schwinden. Im Ortsbeirat wurde das Vorhaben abgelehnt. Im Bauausschuss wurde es nur knapp befürwortet.

Es ist einmal mehr enttäuschend, was uns nun vorgelegt wurde. Der Elektronik Fachmarkt wurde durch einen namentlich nicht genannten Küchenfachmarkt ersetzt. Sonst ändert sich nichts. Nach wie vor will die Werner-Gruppe bauen – und zwar im Grundsatz so, wie die SPD es bereits mehrfach abgelehnt hat.

Die vorliegende Planung stellt nach wie vor eine unverantwortliche Verschwendung verkehrsgünstig gelegenen Grund und Bodens dar. Die geplante Nutzung bringt keinerlei Vorteile für Bad Nauheim, die jenseits des Kaufpreises liegen. Selbst dieser wurde im Verlauf der Verhandlungen nach unten korrigiert. Auch die Innenstadt wird nach wie vor durch die üppigen "Randsortimente" der Fachmärkte angegriffen.

Bad Nauheim könnte die Liegenschaft wesentlich nachhaltiger entwickeln. Eine hervorragende Nutzung als Mischgebiet mit bezahlbarem Wohnen und wohnverträglichem Gewerbe, muss hier ernsthaft geprüft werden. Ein Nahversorger in der Größenordnung von ca. 800qm Verkaufsfläche ist dort ebenfalls sinnvoll. Sollte das nicht möglich sein, steht immer noch die Nutzung als Fläche für einen Schulneubau oder eine Multifunktionshalle – siehe Bürgermeisterwahl – zur Diskussion.

Vermeintliche Sachzwänge, wie der Bau eines Verkehrskreisels und einer Brücke über die Usa, die der Werner Gruppe im Rahmen der langwierigen Verhandlungen auferlegt wurden, sollen den Ausschlag geben. Hier wedelt, wie so oft in Bad Nauheim, der Schwanz mit dem Hund. Die künftige langfristig geplante Nutzung des Geländes muss den Ausschlag geben, nicht ein Kreisel oder eine Brücke.

Bad Nauheim braucht dringend bezahlbaren Wohnraum und kleinteilig nutzbare, verkehrsgünstig gelegene Gewerbeflächen. Nichts davon wird laut vorliegender Planung auf dem Stoll-Gelände stattfinden.

Der nur marginal geänderte Plan ist an Vordergründigkeit kaum zu überbieten. Es gibt keine Lücke in der Versorgung mit Küchen, da sich mindestens drei Anbieter im direkten Umfeld finden lassen. Ein etabliertes Geschäft gibt es sogar bereits in Bad Nauheim. Die Mitbewerber in Friedberg oder Rosbach liegen ebenfalls verkehrsgünstig in Randlagen. Die für diesen Zweck hergerichteten Einzelhandelsflächen auf dem Stoll-Gelände werden künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit umgewidmet werden müssen, sodass in einigen Jahren – nach Ablauf der Halbwertszeit des Küchenfachmarktes – eine erneute Bedrohung für unsere Innenstadt entstehen wird.

Übrigens tritt ein noch nicht in Bad Nauheim aktiver Küchenfachmarkt als Hauptsponsor der 1200 Jahr-Feier in Schwalheim auf. Ob es hier Zusammenhänge zur geplanten Nutzung des Stoll-Geländes gibt, lässt sich sicher aufklären.

Jetzt ist es an der Zeit, wirklich Farbe zu bekennen und die geplante Nutzungsänderung in der Stadtverordnetenversammlung abzulehnen!