Rede zum Doppelhaushalt 2017/18

Axel Bertrand
Axel Bertrand, Bürgermeisterkandidat der SPD, fährt in den nächsten Wochen mit seinem VW-Bus durch Bad Nauheim und seine Ortsteile.Beim ersten Stopp wird Winterkleidung für die Secondhand-Läden des DRK gesammelt. Menschen, die es sich nicht leisten könne

Der Doppelhaushalt 2017/18 gibt einen zahlenmäßigen Ausblick auf die Politik der nächsten beiden Jahre. Bei der Durcharbeit des Haushalts wird klar, wie komplex und umfangreich, die Aufgaben sind, die vor uns liegen. All diese Zahlen sind nur so gut, wie die Menschen, die dahinter stehen, um die Beschlüsse umzusetzen. Hier möchte ich auch im Namen der SPD Fraktion der Verwaltung für die geleistete Arbeit danken.

Die größte Herausforderung ist die Therme. Das gilt sowohl inhaltlich, als auch finanziell. Die Entscheidung, das Badehaus 2 anzubinden ist sicherlich nicht das einfachste, was man machen kann. Die Anbindung verspricht aber einen einzigartigen Wettbewerbsvorteil anderen Thermen gegenüber, den es nur in Bad Nauheim gibt. Das ist die Verbindung von Sole und Jugendstil. Die SPD hat den Antrag der Koalition mitgetragen, damit dies möglich wird. Ebenso haben wir die Umzugskosten der städtischen Spielstätte im Haushalt verankern können. Ein Gespräch im großer Runde mit dem TAF hat ebenfalls bereits stattgefunden. Hier wurde ein Umzug innerhalb des Sprudelhofs besprochen, z.B. ins Balneologische Institut nebenan. Es geht voran. Eine schnelle Umsetzung ist nun gefragt. Wir dürfen nicht nachlassen und müssen parallel an Thermenrealisierung und Umzug der Spielstätte arbeiten. Der Größe der Herausforderung ist wohl geschuldet, dass sich andere Projekte der Therme finanziell, als auch bezüglich der Planungskapazität unterordnen müssen. Hier gilt es Maß zu halten und andere Aufgaben nicht aus den Augen zu verlieren.

Im Rahmen des Kommunalen Investitionsprogramms ist das Balneologische Institut zur Sanierung eingeplant worden. Das ist sehr zu begrüßen, da das Gebäude bereits jahrelang nicht mehr ausgelastet ist bzw. adäquat genutzt wird. Allerdings ist die geplante Konzeption als Büroflächen für Anwälte bzw. Arztpraxen mit buchbarem Vortragsraum im Obergeschoss keine Lösung, die Bad Nauheim wirklich weiter bringt. Wie eingangs erwähnt, könnte hier eine städtische Bühne entstehen, die zum Kulturzentrum wachsen kann.

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Die Zukunft des Eisstadions ist im Haushalt -jenseits von üblichen Wartungsarbeiten- nicht berücksichtigt. Es gibt keinerlei Investitionsplanung, da keine Investitionen vorgesehen sind. Ein Workshop zwischen Stadtverwaltung und EC Bad Nauheim brachte bislang keine Ergebnisse, was die Zukunftsplanung des Eissports in Bad Nauheim angeht. Hier muss dringend weitergearbeitet werden. Das Eisstadion hat eine große Bedeutung für Bad Nauheim und für die Region. Es kann nicht sein, dass das Eisstadion von Haushalt zu Haushalt geschoben wird, ohne dass eine Perspektive für die Zukunft entwickelt wird.

Straßenbeitragssatzung ist ein gutes Beispiel dafür, wie Politik ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Eine Satzung einzuführen, nur um sie wieder außer Kraft zu setzen, bevor sie wirksam wird, ist weder transparent noch gerecht. Es war wohl der Eile geschuldet, obwohl das sich abzeichnende Problem jahrelang vorher bekannt war. Das ist durch die Haushaltsmittel dokumentiert, die einst für die wiederkehrende Straßenbeitragssatzung gedacht und nicht abgerufen wurden. Man hat sich verrechnet. Die Aufhebung der Satzung konnte nicht wie geplant stattfinden und die Straßen blieben zunächst löchrig. Jetzt wird wohl nach Auflösung des Eigenbetriebs Hochwaldkrankenhaus genug Überschuss ausgewiesen, dass die aufgelaufenen Haushaltsdefizite ausgeglichen werden können. Das ist für den Bürger nicht nachzuvollziehen und für die Zukunft unbedingt zu vermeiden.

Bezahlbares Wohnen ist in Bad Nauheim Mangelware. Mietwohnungen zwischen 7,50 und 9,- Euro Kaltmiete pro qm findet man selten auf dem Markt. Die schick sanierten Altbauvillen oder die Neubauten zum Erstbezug werden jenseits der 10,- pro qm Kaltmiete angeboten. Das ist deutlich zu teuer für durchschnittliche Einkommen von Singlehaushalten oder alleinerziehenden Müttern oder Vätern. Auch Rentner haben hier ihre Schwierigkeiten. Die einzige Möglichkeit, hier wirksam gegenzusteuern, ist das Vorhalten von Angebot. Bezahlbare Wohnungen müssen auf den Markt. Hier ist die Stadt in der Verantwortung, mehr zu tun. Die Förderung sozialgebundener Wohnungen ist die einzige öffentliche Fördermöglichkeit, die hierzu sinnvoll in Anspruch genommen werden kann, um den Nachfragedruck zu verringern. Wir wollten im Haushalt einen Betrag von 100.000,- Euro pro Jahr als Förderbudget einstellen lassen. Hiermit liessen sich pro Jahr bis zu 16 Wohnungen durch die WI Bank fördern. Diese Pauschale fand keine Mehrheit. Statt dessen wurde auf konkrete Projekte – z.B. in Bad Nauheim Süd verwiesen, die individuell beraten werden sollen. Wir nehmen Sie beim Wort! Wir erwarten für Bad Nauheim Süd konkrete Vorschläge! Neben sozialem Wohnungsbau ist mehr noch der ungeförderte Neubau zu betrachten. Damit hier die Kosten im Rahmen bleiben muss die Stadt sich öffnen für Genossenschaftsmodelle und/oder Erbpacht.

Wo ist der Impuls im Haushalt. Bad Nauheim quo vadis? Ich finde in dem Haushalt viele alte unerledigte Hausaufgaben. Therme, Eisstadion, Straßenbeiträge, etc. aber keinen Impuls, der das Zusammenleben in Bad Nauheim spürbar verbessert. Bad Nauheim wächst seit Jahren quantitativ. Das ist nicht zu übersehen. Es ist Zeit, den Hebel in Richtung qualitatives Wachstum umzulegen. Wir haben in den letzten Jahren viele neue Eigenheimbesitzer begrüßen dürfen. Nun ist es an der Zeit Infrastruktur und kulturelles Angebot anzupassen.

Hierzu braucht es ein Leitbild. Wofür soll Bad Nauheim stehen? Was sind unsere Stärken, die die Lebensqualität unserer Kurstadt positiv beeinflussen. Wie kann man diese weiter ausbauen? Wie können wir unsere Stadt attraktiver für Übernachtungstourismus machen? Wie offen ist unsere Gesellschaft. Ein solcher Ansatz wurde bereits im Agenda Prozess begonnen. Es ist notwendig, dass das wieder aufgenommen und kontinuierlich beibehalten wird.

Zusammenfassend lässt sich festhalten. Wichtige Punkte fanden keine Mehrheit, deshalb können wir dem Haushalt nicht zustimmen. Allerdings ist die Therme in Verbindung mit der Umsiedelung der städtischen Bühne ein wichtiges Projekt, welches wir mittragen. Daher enthalten wir uns bei der Abstimmung.