
Bad Nauheim ist großes Glück widerfahren. Nach langen Jahren der Konsolidierung im Gesundheitssektor möchte sich eine namhafte Klinik, die Salus Klinik GmbH, in unserer Stadt ansiedeln. Auf ca. 26.000 qm südlich des Stoll-Geländes steht ein großzügiges Areal zur Verfügung. Damit einher geht auch die Diskussion zum Stoll-Gelände selbst.
Geplant ist ein Haus mit 300 Betten und umfangreichen Nebenbauten für Rehabilitationsmaßnahmen. 140 Mitarbeiter sollen hier künftig arbeiten und zur Genesung von suchtkranken Menschen und Patienten mit psychischen Problemen beitragen. Der Betreiber, die Salus Klinik aus Hürth, ist überregional tätig und seit langem in Friedrichsdorf ansässig und findet dort keinen Platz zur Expansion. Dieser Standort soll künftig zugunsten Bad Nauheims geschlossen werden. Salus betreibt auch eine Einrichtung im Friedberger Warthfeld.
Dieses Projekt befürworte ich uneingeschränkt. Eine neue Klinik dieser Art ist ein Gewinn für unsere Kurstadt. Wir können davon ausgehen, dass das Engagement der Investoren langfristiger Natur ist und unsere Stadt nachhaltig profitieren wird. Was sich trotzdem in keiner Weise ändert, ist die verfehlte Verplanung des davor befindlichen Stoll-Geländes. Die Salus Klinik befürworte die Planungen auf dem Stoll-Gelände, heißt es. Besonders die Brücke über die Usa sei wünschenswert. Außerdem könnten die Patienten das Fachmarktzentrum zur Versorgung nutzen. So versucht man, eine Verbindung zwischen beiden Projekten herzustellen, die überhaupt nicht existiert.
Als treibendes Argument für das Umsetzen des Fachmarktzentrums, kann die Bodenqualität des ca. 23.000 qm großen Stoll-Geländes gesehen werden. Durch die vorige Nutzung als Produktionsstätte für LKW-Anhänger sind bestimmte Stellen verseucht und müssen gereinigt werden, sollte dort etwas Neues entstehen. Der aktuelle Vorhabenträger Werner Bau hat dies im Rahmen seiner Planung zugesagt. Man fürchtet, bei einer Einstellung dieses Vorhabens Fachmarktzentrum auf dem Dreck sitzen zu bleiben. Eine adäquate Entseuchung kann teuer werden und hängt auch maßgeblich von Art und Umfang des Bauvorhabens ab.
Die Stadt hat sich scheinbar aus diesem ungewissen Obligo herausgekauft – um den Preis der Gefährdung des Einzelhandels in der Innenstadt. Ein sauberer Baugrund nutzt unseren Einzelhändlern jedoch wenig, wenn es um die Sicherung ihrer Existenz geht. Ein großer Elektrofachmarkt vor dem Südpark und daneben ein Nahversorger mit Non-Food Sortiment passen nicht zu unserer Kurstadt. Bezüglich dieser Sortimente gibt es hier und in Friedberg keine Lücken. Bis heute hat niemand der Befürworter erklären können, warum dieses Fachmarktzentrum unverzichtbar sein soll.
Beim Bürgerentscheid zur Planung auf dem Stoll-Gelände war die Ablehnung aus der Bevölkerung überwältigend. 1752 Befürwortern standen 5719 Gegner entgegen. Die SPD Bad Nauheim hat die Bemühungen des Vereins Erlebnis Bad Nauheim e.V. tatkräftig unterstützt, die Planungen zu stoppen. Von den berechtigten Einwänden gegen das Fachmarktzentrum auf dem Stoll-Gelände, wird durch die Ansiedelung der Klinik auf dem Nachbargelände nicht ein einziger geheilt. Man kann allenfalls vermelden, dass die gesamte freie Fläche verplant werde und so keine weiteren Fachmärkte entstehen könnten.
Welche Alternativen gibt es für das Stoll-Gelände?
Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware. Ein solches Angebot kann naturgemäß leichter realisiert werden, wenn es sich nicht um 1a Wohnlagen handelt. Ausreichend Gewerbeflächen gibt es ohnehin nicht in Bad Nauheim – und schon gar nicht an so einer verkehrsgünstigen Lage. Bereits zu Zeiten des Bürgerentscheides im Jahr 2012 hat die SPD ein vorliegendes Konzept zur Nutzung der Fläche für Wohnen und wohnverträgliches Gewerbe favorisiert.
Die Gegenargumente der Stadtverwaltung zum von der SPD unterstützen Vorschlag, das Gelände in ein Gebiet für bezahlbares Wohnen und wohnverträgliches Gewerbe zu entwickeln, werden durch die Ansiedelung einer Klinik zur Realsatire. Menschen sei als Wohnumgebung der Lärm der B3 und der Geruch der Kläranlage nicht zuzumuten, hieß es seinerzeit. Nun baut man eine Klinik direkt vor die Kläranlage und an die Grenze zur Straße.
Das kann nur bedeuten, dass es mit dem Imissionsproblem nicht so schlimm ist, wie die Stadtverwaltung es uns glauben machen wollte. Immerhin kann man bald in direkter Hörweite neben der Bahnschiene in der Dieselstraße wohnen. Auch für die Alte Saline spielte der Lärm keine verhindernde Rolle.
Auf sauberem Baugrund sind auch andere Nutzungen denkbar. In Bad Nauheim gibt es z.B. eine Schule mit Platzproblemen. Es gibt sicherlich noch mehr Möglichkeiten, dieses Gelände zu entwickeln, ohne Bad Nauheim massiv zu beeinträchtigen. Unsere Nachbarstadt Friedberg wird gegen die Aufstellung des Bebauungsplans Stoll-Gelände in der vorliegenden Form klagen. Ich wünsche den Friedbergern von Herzen viel Erfolg, denn die aktuellen Pläne zum Stoll-Gelände werden Bad Nauheim mehr schaden als nutzen!