Gewerbeverbot neu diskutieren

Sinan Sert

Die Entscheidungen der Stadtführung im Zusammenhang mit gewerblichen Angeboten im Kurpark orientieren sich zweifellos am Stadtrecht bzw. an der Kurparkordnung. Dennoch besteht Grund zur Diskussion.

Als vor etwa zehn Jahren die SPD den Antrag stellte, den Südpark zu einem Bürgerpark zu entwickeln, kam dieser im Parlament nur knapp durch. Der damalige Dezernent Bernd Witzel plante bereits ähnliches und sprach sich für den Antrag aus. Vor knapp fünf Jahren beantragte die SPD die Öffnung der Kurparkwiesen. Die Rathausspitze ließ einen Tag nach Eingang des Antrags über die Presse die gleiche Absicht verlautbaren. Amüsantes politisches Geplänkel. Wichtig bleibt das Ergebnis, und das war gut.

Der Südpark erfreut sich seitdem einer großen Beliebtheit. Im Zuge der Umgestaltung entstand der Wasserspielplatz. Ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Angebote für Familien und Kinder. Der Kurpark wird mehr denn je genutzt von Jung und Alt. Die befürchtete Vermüllung der Anlagen trat nicht ein, Vandalismus nahm nicht zu. Auch wurden Kurgäste nicht abgeschreckt. Im Gegenteil. Die Belebung der Anlagen förderte ihre Attraktivität. Für Einheimische, als auch für unsere Gäste. All dies geschah mit der Absicht, die Parkanlagen für die Menschen in Bad Nauheim zu öffnen und nutzbarer zu machen. Wenn sie schon mit ihren Steuern, Abgaben oder ihrem Kurbeitrag ihren Anteil am Erhalt und Pflege der Anlagen leisten, dann sollten sie auch mehr davon haben dürfen. Die Rechnung ging auf, sie wurde honoriert und dankbar angenommen.

Nun haben gewerbliche Anbieter von Gesundheitskursen oder ähnlichem die Möglichkeit entdeckt, unsere Parkanlagen auch für ihre eigenen Angebote zu nutzen. Das ist in keiner Weise verwerflich. Es belegt, wie richtig die Entscheidungen waren, unsere Anlagen zu öffnen. Die Angebote ergänzen unsere Parks einmal mehr als Mittelpunkt städtischen Lebens. Schwierig einzuordnen ist allerdings Kritik von Gewerbetreibenden, für die gewerbliche Nutzung öffentlicher Anlagen einen Beitrag leisten zu sollen. Es erweckt den Eindruck, dass jene lediglich auf Kosten der Allgemeinheit Gewinn abschöpfen wollen, ohne der Allgemeinheit den Beitrag dafür entgegenzubringen. Auch wenn dies eventuell so gar nicht beabsichtigt sein mag.

Die Nutzung des Kurparks sowie weiterer Anlagen ist klar in der Kurparkordnung geregelt. Ein Angebot gewerblicher Leistungen ohne schriftliche Genehmigung der Stadt ist nicht erlaubt. Anderweitige Nutzungen bedürfen grundsätzlich der Genehmigung. Die Entscheidung der Stadtführung, hier einzugreifen scheint insofern berechtigt, die Überraschung Gewerbetreibender unverständlich. Die Regelung müsste jedem Anbieter dieser Leistungen bekannt sein. Und dass Genehmigungen dieser Art in der Regel nicht kostenlos zu haben sind, ebenso. Für gewerbliche Angebote in unseren Parkanlagen einen Obolus zu verlangen erscheint in diesem Licht gerechtfertigt. Wer öffentliche Infrastruktur gewerblich nutzt, kann und sollte dafür einen Teil seines Gewinns abgeben wollen und sich so an Erhalt und Pflege der Infrastruktur beteiligen.
Art und Umfang der gewerblichen Nutzung, als auch Höhe der Abgabe kann in einem Gestattungsvertrag vereinbart werden. Die Höhe der Abgabe kann sich dabei am geschätzten Gewinn orientieren, ohne das Angebot selbst dabei zu sehr zu belasten. Zudem behält die Verwaltung auf diese Weise die Möglichkeit, die Angebote aufeinander abzustimmen und ein Überladen unserer Parks zu verhindern.

Diskussionswürdig ist allerdings die Regelung, gewerbliche Angebote gänzlich aus dem Kurpark zu bannen und auf Süd- und Goldsteinpark zu begrenzen. Denn auch externe Angebote im Kurpark selbst können der Stadt durchaus einen Vorteil bieten, wenn sie in das Stadtmarketing eingebunden werden können. Der Yoga-Kurs, der weiter stattfinden darf, ist ein Beispiel hierfür. So wie das Tabu des "Verweilen" auf den Kurparkwiesen gebrochen wurde, kann auch das "Gewerbeverbot" für den Kurpark neu geregelt werden. Nachfrage und Angebot sind offenbar vorhanden. So wie die Umgestaltung des Südparks und Öffnung der Kurparkwiesen der Stadt als auch den Menschen Vorteile brachten, kann auch eine Neuregelung von Gewerbe im Kurpark durchaus nützlich sein. Die Thematisierung im Fachausschuss bietet sich an.